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KARL MARX

Karl Heinrich Marx (1818-83); deutscher sozialistischer Theoretiker und Politiker. M. wurde als Sohn eines Rechtsanwalts und Enkel eines Rabbiners am 5. Mai 1818 in Trier geboren. Seine Eltern entstammten hochangesehenen alten jüdischen Familien. Indessen trat sein Vater 1817 zur evangelisch-lutherischen Kirche über. M. erhielt auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt eine gründliche, klassisch-rationalistische Bildung. Der Nachbar, Regierungsrat Baron von Westphalen, wurde sein väterlicher Freund und machte ihn mit dem politischen Liberalismus wie mit dem Gedankengut Saint Simons vertraut. Die Tochter Jenny wurde 1843 seine Frau, ihr Halbbruder Ferdinand wurde in den fünfziger Jahren Innenminister in der von seinem Schwager erbittert bekämpften hochkonservativen Regierung Manteuffel.

M. im Alter von 57 Jahren (1875)

M. studierte seit 1835 zunächst in Bonn, seit 1836 in Berlin Rechtswissenschaften und Philosophie; er wurde anfänglich von Savigny, dann vor allem von Gans stark beeinflusst und durch diesen in die Lehre Hegels eingeführt. Im Berliner »Doktorclub« wurde er, noch nicht zwanzig Jahre alt, neben Bruno Bauer Führer der Junghegelianer. Indessen schwenkte die preußische Kulturpolitik wenig später in eine gerade entgegengesetzte Richtung um, so dass M. sein Berufsziel, eine Philosophieprofessur, als unerreichbar aufgeben musste. Er wandte sich nun über die Kritik der Religion der Theorie der Politik zu und wurde liberaler Demokrat. Nachdem ihm die Philosophische Fakultät in Jena für seine Dissertation »Differenz der demokritischen und epikuräischen Naturphilosophie« 1841 den Doktorgrad verliehen hatte, trat er in die Redaktion der liberalen »Rheinischen Zeitung« in Köln ein, der er eine scharf oppositionelle Richtung gab. Ein Konflikt mit den Aktionären führte zu seinem Rücktritt. 1843 gab er in Paris mit Rüge die kurzlebigen »Deutsch-französischen Jahrbücher« heraus, brach jedoch nun mit dem alten Freund, der M.s Wendung zum Sozialismus, die sich jetzt anbahnte, missbilligte. Als Mitarbeiter der Pariser Emigrantenzeitung »Vorwärts!« freundete sich M. mit dem ihm bisher nur flüchtig bekannten Friedrich Engels an und lernte fast alle führenden Revolutionäre der Zeit kennen.

1845 aus Frankreich ausgewiesen, zog er nach Brüssel und verzichtete Ende des Jahres auf seine preußische Staatsangehörigkeit. Der Zweite Kongress des Bundes der Kommunisten in London beauftragte ihn und Engels, ein Parteiprogramm zu verfassen, das im Februar 1848 als »Manifest der Kommunistischen Partei« veröffentlicht wurde. Nach dem Ausbruch der Revolution von 1848 zuerst in Paris, reiste er im April nach Deutschland, gab in Köln die »Neue Rheinische Zeitung« als »Organ der Demokratie« heraus und unterstützte die äußerste Linke bei ihrem Kampfe um ein demokratisches Groß-Deutschland. Im Mai 1849 aus Preußen ausgewiesen, fuhr M. nach Paris zurück, erhielt jedoch ein Aufenthaltsverbot für die Hauptstadt und übersiedelte nun nach London, das bis zu seinem Tod sein dauernder Wohnort werden sollte. Wieder führend im Bund der Kommunisten tätig, konnte er zeitweilig Einfluss auf die englische Arbeiterbewegung nehmen, jedoch keine gesicherte Existenz finden. Einige Jahre lebte er mit seiner Familie in bitterer Not. Gelegentliche Geldzuwendungen Engels' reichten nur aus, den vollständigen Zusammenbruch zu verhindern, bis eine dauernde feste Unterstützung durch den Freund und eine kleinere Erbschaft einen behaglichen bürgerlichen Lebensstil ermöglichten.

In der Emigration von jedem direkten Einfluss auf die deutsche Politik abgeschnitten, verzehrte sich M. in leidenschaftlichen und oft kleinlichen Kämpfen mit anderen Emigranten und Revolutionären, die ihn auch daran hinderten, seine umfangreichen ökonomischen Studien zusammenfassend darzustellen. Nach dem Kölner Kommunistenprozess löste er den Bund der Kommunisten 1852 auf, trat jedoch für dessen Ziele publizistisch auch weiterhin ein. Durch dauernde quälende Krankheiten behindert, ohne Aussicht auf durchgreifende Wirksamkeit, wandelte sich der unbekümmerte Kämpfer zu einem grüblerischen und misstrauischen Mann, der nur noch in vertrautem Kreise aus sich herausging. Mit der Gründung der Internationalen Arbeiterassoziation (I. Internationale) im Jahre 1864 trat er noch einmal an die Öffentlichkeit. Für sie verfasste er mit der Inauguraladresse die nach dem Kommunistischen Manifest wichtigste Programmschrift des Marxismus. Jahrelang war M. der unbestrittene Führer dieser rasch wachsenden Organisation, bis er in schwere Auseinandersetzungen mit den Anarchisten geriet, welche unter der Führung Bakunins die Internationale in eine lockere Organisation umzuwandeln versuchten. Als sich auch die englischen Arbeitervertreter für volle Autonomie ihrer Bewegung aussprachen, verlegte M. 1872 den Sitz der Internationale nach Nordamerika, was ihrer praktischen Auflösung entsprach, obwohl sie formell noch bis 1876 bestand. In den letzten zehn Jahren seines Lebens hat M. zurückgezogen gelebt, aber freilich immer noch Einfluss auf ihm nahestehende Parteien genommen. Dies galt vor allem für die deutsche Sozialdemokratie, deren 1869 unter Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründeter Zweig sich 1875 mit der älteren Bewegung Lassalles vereinigt hatte.

Zum Marxschen Lebenswerk: Als praktischem Politiker ist M. der Erfolg versagt geblieben. Auch als Theoretiker hat er nachhaltigeren Einfluss auf die Arbeiterbewegung erst in seinem letzten Lebensabschnitt gewonnen. Freilich darf man nicht verkennen, dass seine Lehren zumeist nur in der Form oberflächlich geordneter Schlagworte in weitere Kreise gedrungen sind und hierbei mit anderen zeitgenössischen geistigen Strömungen unkritisch vermischt wurden, so vor allem mit dem Positivismus, dem Rationalismus, dem mechanistischen Materialismus, dem Darwinismus und dem Monismus. Diese vulgärmarxistischen Mischsysteme können zur Kritik des Marxschen Lebenswerkes nicht herangezogen werden. Das Verständnis für dieses wird erschwert durch die Tatsache, dass es M. nicht vergönnt war, sein systematisches Hauptwerk, das »Kapital«, zu vollenden. Er hat nur den ersten Band (1867) fertiggestellt, während die späteren Bände von Engels aus den nur teilweise endgültig geordneten Notizen von Marx zusammengestellt wurden.

M. hat sein Werk als eine Synthese der deutschen Philosophie (Hegel), der englischen Nationalökonomie (Ricardo) und der französischen sozialistischen Theorie betrachtet. Von Hegel übernahm er die Grundgedanken seines Systems: Danach entwickelt sich die Menschheit zu immer höheren Formen. Dieser Entwicklungsprozess verläuft aber nicht geradlinig, sondern er muss dialektisch verstanden werden. Daraus ergibt sich, dass das Erreichen einer bestimmten Stufe das Durchschreiten und Überwinden aller früheren Stufen voraussetzt. Von Hegel weicht M. darin ab, dass er die Weltgeschichte nicht als ein Fortschreiten im Bewusstsein der Freiheit im Zusammenhang mit der Entwicklung des absoluten Geistes, sondern als einen realen, materiellen Prozess der Entwicklung des Menschen in der Welt sah. Anders als Hegel nahm er an, dass das Ziel der Geschichte noch nicht erreicht sei, man aber die nächste und zugleich letzte Stufe der Entwicklung bereits erkennen und die Notwendigkeit, sie zu erreichen, wissenschaftlich beweisen könne.

Er war davon überzeugt, dass man mit den Methoden des von ihm entwickelten »Historischen Materialismus« Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wissenschaftlich exakt erfassen könne. M. nahm an, dass die Menschheit ursprünglich in einer primitiven Urgesellschaft gelebt habe, in der jeder einzelne alle gesellschaftlich notwendigen Arbeiten selbst verrichtete und somit frei war. Die Arbeitsteilung leite den Aufstieg der Menschheit ein, die damit eine erhöhte Produktionsfähigkeit erreiche; zugleich aber seien dadurch gesellschaftliche Klassen entstanden, da sich die Menschen nun in Leitende und Ausführende, in Herrschende und Beherrschte, in Ausbeuter und Ausgebeutete aufteilten, wobei die herrschende Klasse Eigentümer der Produktionsmittel, die beherrschte expropriiert (ausgebeutet) wird. In der Gesamtheit der Produktionsverhältnisse, welche die ökonomische Struktur der Gesellschaft bilden, sah M. die »reale Basis« des menschlichen Lebens. Auf jeder Stufe der Entwicklung nun schaffe sich die »Basis« einen juristischen und politischen »Überbau« mit bestimmten gesellschaftlichen Bewusstseinsformen, so dass die Produktionsweise des materiellen Lebens den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozess bedinge.

Die geschichtliche Entwicklung ist also eine Geschichte der Entwicklung der Produktivkräfte, wobei Klassen entstehen, miteinander ringen und vergehen und sich Gesellschaftsformationen, Staaten, Verfassungen, Rechtssysteme und Bewusstseinsformen ständig verändern. Für die eigene Zeit sah M. das Ende aller Geschichte oder, wie er meinte, der »Vorgeschichte der menschlichen Gesellschaft« voraus, .da die jetzt herrschende »Bourgeoisie« nicht mehr von einer neuen herrschenden Minderheit abgelöst werden könne. Die neue Klasse, das Proletariat, bestehend nicht nur aus eigentumslosen und entmachteten, sondern aus entmenschten, zum Zubehörteil der Maschine gewordenen Menschen, könne keine neue Klassenherrschaft mit Privateigentum an den Produktionsmitteln mehr errichten, sondern werde das Kapital in gemeinschaftliches Eigentum verwandeln und damit die Voraussetzung neuer Klassenbildungen beseitigen.

M. hat offengelassen, ob dieses Ziel mit Gewalt oder friedlich erreicht werden könne. Vor allem während der Revolution von 1848 finden sich bei ihm Anklänge an die Theorie von Blanqui, wonach eine Minderheit mit Gewalt die Macht erringen könne, um sie zum Nutzen der Mehrheit zu verwenden. Seiner Lehre aber entspricht das nicht, da der Übergang zum Sozialismus ohne die vorher erreichte Staatsform der Demokratie unmöglich ist; Demokratie als die von den breiten Massen ausgeübte Herrschaft bei allgemeinem Wahlrecht verstanden. 1872 hat er ausdrücklich erklärt, dass etwa in Amerika, England oder auch anderswo »die Arbeiter auf friedlichem Wege zu ihrem Ziel gelangen können«. Der von Lenin geschaffene Bolschewismus kann sich daher eigentlich nicht auf M. berufen, da er die Demokratie als Vorstufe des Sozialismus ausdrücklich ablehnt und sich sogar bemüht, bestehende Demokratien gewaltsam zu zerstören.

M.s Gesamtkonzeption ist zweifellos utopisch. Weder kann davon gesprochen werden, dass es ein dem Menschen erkennbares Endziel der Geschichte gibt, noch ist es möglich, künftige Entwicklungen sicher vorauszubestimmen. Offenkundig nicht bestätigt wurde auch die Annahme, dass Privateigentum an den Produktionsmitteln und wirtschaftliche Sicherheit der breiten Massen unvereinbar seien. Die weitere Entwicklung der Industriegesellschaft hat nicht zu einem totalen Auseinandertreten der Klassen der Ausbeuter und der Ausgebeuteten geführt. Die Entwicklungstendenzen seiner Zeit im frühviktorianischen England absolut nehmend, hat M. scheinbar zwingende Konsequenzen aus seinen im wesentlichen treffenden Analysen gezogen, die hinfällig werden mussten, als sich die Voraussetzungen in der »Basis« änderten. So liegt seine Bedeutung nicht so sehr in der Schaffung eines realen Programms als in der Schärfung des Bewusstseins für Zusammenhänge, die vor ihm zwar nicht unbekannt waren, jedoch in ihrer Bedeutung nicht ausreichend gewürdigt wurden. Darüber hinaus hat sein Lebenswerk fast alle Geistes- und Gesellschaftswissenschaften nachhaltig befruchtet. Ungeachtet aller zeitbedingten Einseitigkeiten und Irrtümer ist er einer der größten Denker des 19. Jhs. gewesen.

  • Engels, F.: »Karl Marx«, in: »Volks-Kalender«, Braunschweig 1878
  • Engels, F.: »Marx, Heinrich Karl«, in: »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Jena 1892
  • Luxemburg, R.: »Karl Marx«, in: »Vorwärts« Nr. 62, Berlin 1903
  • Mehring, F.: »Karl Marx. Geschichte seines Lebens«, 1918
  • Scheel, H.: »Marx und Engels – die Begründer der modernen Weltanschauung«, in: »Weltall, Erde, Mensch«, Berlin 1954
  • Berlin, I.: »Karl Marx«, 1939 (dt. 1959)
  • Gentsch, L.: »Realsozialismus und Karl Marx. Die Stalinismus-Legende«, Frankfurt 1992
  • Wurmbrand, R.: »Das andere Gesicht des Karl Marx«, Uhldingen-Mühlhofen 1993
  • Schäfer-Willenboerg, M.: »Marx – Engels: ein Briefwechsel. Rhetorik der Realität – Realität der Rhetorik«, Bielefeld 1993
  • Vollgraf, C. E. / Hecker, R. / Sperl, R. (Hg.): »Marx-Engels-Forschung im historischen Spannungsfeld«, Hamburg 1993
  • Khella, K.: »Mythos Marx. Eine wissenschaftsgeschichtliche und politische Biographie«, Hamburg 1995
  • Sichtermann, B.: »Karl Marx: neu gelesen«, Berlin 1995

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Bildzeugnisse

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Textdokumente

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Auszüge und Quellen

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