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Trotzki ~ Ein Sieg Hitlers bedeutet: Krieg gegen die UdSSR


geschrieben am 28. Dezember 1931

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LEO TROTZKI

Ein Sieg Hitlers bedeutet Krieg gegen die UdSSR

Es gibt zur Zeit zwei ungewöhnlich weit auseinanderliegende Brennpunkte der Weltpolitik, der eine liegt auf der Linie Mukden-Peking [jap. Einfall in der Mandschurei am 18. IX. 1931], der andere auf der Linie Berlin-München. Jeder dieser beiden Infektionsherde ist imstande, den »normalen« Gang der Ereignisse auf unserem Planeten für Jahre oder Jahrzehnte durcheinander zu bringen. Unterdessen gehen die Diplomaten und die offiziellen Politiker ihrem Tagewerk nach, als gehe nichts Besonderes vor. Gerade so haben sie es schon 1912, während des Balkankrieges gemacht, der das Vorspiel zum Krieg von 1914 war.

Man nennt das mit gutem Grund »Vogel-Strauß-Politik«, wobei man einem klugen Vogel Unrecht tut. Die schöne Resolution des Völkerbunds zur mandschurischen Frage ist – selbst im Rahmen der Geschichte der europäischen Diplomatie beurteilt – ein Dokument beispielloser Unfähigkeit; kein Strauß, der auf sich hält, würde seinen Namen daruntersetzen. Solcher Blindheit (in vielen Fällen ist es ganz offenbar ein Nicht-Sehen-Wollen) gegenüber dem, was sich im Fernen Osten vorbereitet, kann man allenfalls zugutehalten, daß sich die Ereignisse dort in relativ langsamem Tempo entwickeln. Der Osten ist, obwohl er zu neuem Leben erwacht, noch weit vom »amerikanischen«, ja selbst vom europäischen Tempo entfernt.

Deutschland ist eine harte Nuß. Das in Versailles balkanisierte Europa ist in eine Sackgasse geraten. Diese Ausweglosigkeit erscheint in Deutschland in konzentrierter Form, in der politischen Gestalt des »Nationalsozialismus«. In der Sprache der Sozialpsychologie läßt sich diese politische Strömung als epidemische Verzweiflungshysterie der Mittelschichten beschreiben. Ich denke hier an die zugrundegerichteten Kleinhändler, Handwerker und Bauern, auch an Teile des arbeitslosen Proletariats, an die Beamten und die ehemaligen Offiziere des großen Krieges, die noch ihre Auszeichnungen tragen, aber keinen Sold mehr erhalten, an die Angestellten der inzwischen geschlossenen Büros, die Buchhalter der bankrotten Banken, die beschäftigungslosen Ingenieure, die Journalisten ohne Gehalt und ohne Aussichten, an die Ärzte, deren Klienten zwar noch krank sind, aber nicht wissen, wie sie zahlen sollen.

Hitler hat es abgelehnt, Fragen zu seinem innenpolitischen Programm zu beantworten, da es sich dabei um militärische Geheimnisse handele. Er denke nicht daran, sagt er, seinen politischen Gegnern das Geheimnis seiner Heilsmethoden preiszugeben. Das ist nicht sehr patriotisch, aber schlau. In Wirklichkeit hat Hitler kein Geheimnis. Aber wir wollen uns hier nicht mit seiner Innenpolitik beschäftigen. In der Sphäre der Außenpolitik scheint seine Position auf den ersten Blick hin ein wenig klarer zu sein. In seinen Artikeln und Reden erklärt Hitler dem Versailler Vertrag, dessen Produkt er selber ist, den Krieg. Seine Spezialität sind aggressive Beschimpfungen Frankreichs. In Wahrheit aber würde Hitler, käme er an die Macht, zu einer Hauptstütze von Versailles und zum Helfershelfer des französischen Imperialismus werden.

Diese Behauptungen mögen paradox klingen. Aber sie ergeben sich unausweichlich aus der Logik der europäischen und internationalen Situation, sofern man sie richtig analysiert, d. h. wenn die Analyse von den Grundkräften der Politik und nicht von leerem Gerede, von Gesten und anderem demagogischen Plunder ausgeht.

Hitler wird Verbündete brauchen

Die deutschen Faschisten erklären, der Marxismus und Versailles seien ihre beiden Feinde. Mit »Marxismus« meinen sie zwei deutsche Parteien – die Kommunisten und die Sozialdemokratie – und einen Staat – die Sowjetunion. Unter »Versailles« verstehen sie Frankreich und Polen. Um zu begreifen, welche internationale Rolle ein nationalsozialistisches Deutschland spielen würde, muß man diese Momente in ihrer Wechselwirkung einmal kurz untersuchen.

Die italienische Erfahrung hat die Beziehungen zwischen Faschismus und Marxismus hinreichend klar werden lassen. Bis zum Operetten-Marsch auf Rom war Mussolinis Programm nicht weniger radikal und mystisch als das von Hitler. In der Praxis wurde es rasch zum Programm des Kampfes gegen die revolutionären und oppositionellen Kräfte. Wie sein italienisches Vorbild kann auch der deutsche Nationalsozialismus nur nach Zerschlagung der Arbeiterorganisationen die Macht ergreifen. Das ist freilich nicht einfach. Zwischen sich und der Macht, nach der sie gieren, werden die Nationalsozialisten auf den Bürgerkrieg stoßen. Selbst wenn Hitler auf friedlichem Wege eine parlamentarische Mehrheit zusammenbrächte – was aus der Reihe der Möglichkeiten ruhig ausgeschlossen werden kann – stünde er doch, um die faschistische Herrschaft aufrichten zu können, vor der gleichen Notwendigkeit, der Kommunistischen Partei, der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften den Hals umzudrehen. Und das ist ein schwieriger und langwieriger chirurgischer Eingriff. Hitler weiß das selbst sehr genau. Und darum denkt er auch keineswegs daran, seine politischen Pläne mit dem ungewissen Schicksal des Parlamentarismus zu verbinden.

Während Hitler aus Leibeskräften seine Legalität beteuert, wartet er einen günstigen Augenblick ab, um rasch und präzis zuzuschlagen. Wird es ihm gelingen? Es ist keine leichte Aufgabe, aber es wäre unverzeihlicher Leichtsinn, einen Erfolg Hitlers für ausgeschlossen zu halten. Auf welchem Wege immer Hitler zur Macht käme – ob durch die offene Tür oder vermöge eines Einbruchs –, die Faschisierung Deutschlands würde stets einen schweren innenpolitischen Konflikt auslösen. Das würde unweigerlich für eine beträchtliche Periode die Kräfte des Landes lahmlegen und Hitler zwingen, in den Nachbarländern nicht Rache, sondern Verbündete und Beschützer zu suchen. Von dieser grundlegenden Überlegung muß unsere Analyse ausgehen.

Die deutschen Arbeiter werden im Kampf gegen den Faschismus natürlich die Unterstützung der Sowjetunion suchen und finden. Kann man sich unter diesen Umständen auch nur für einen Augenblick vorstellen, daß die Hitlerregierung einen bewaffneten Konflikt mit Frankreich oder Polen riskieren würde? Zwischen dem Proletariat eines faschistischen Deutschlands und der Sowjetunion steht Pilsudski. Einem mit der Faschisierung Deutschlands beschäftigten Hitler wäre die Hilfe oder wenigstens die wohlwollende Neutralität Pilsudskis unendlich viel wichtiger als die Beseitigung des polnischen Korridors. Wie bedeutungslos wird Hitler diese Frage – ja, die Frage der deutschen Grenzen insgesamt – erscheinen, sobald er seinen zähen Kampf um Eroberung und Erhaltung der Macht führen muß!

Pilsudski wäre für Hitler eine Brücke zur Freundschaft mit Frankreich, wenn nicht in Wirklichkeit andere Brücken näher lägen. Selbst jetzt gibt es in der französischen Presse – obschon nur in zweitrangigen Blättern – Stimmen, die sagen: »Es ist Zeit, sich auf Hitler hin zu orientieren«. Die offizielle Presse, angeführt von Le Temps, nimmt dem Nationalsozialismus gegenüber natürlich eine feindliche Haltung ein, aber nicht, weil die Herren der Geschicke im heutigen Frankreich die kriegerischen Gesten Hitlers ernst nähmen, sondern weil sie den einzigen Weg, auf dem Hitler an die Macht kommen kann, fürchten, den Weg des Bürgerkrieges, dessen Ausgang niemand vorhersagen kann. Kann seine Politik des Staatsstreichs von rechts nicht eine Revolution von links auslösen? Das ist es, was die herrschenden Kreise in Frankreich – übrigens ganz zu Recht – beunruhigt.

Aber eins ist klar: würde Hitler alle Hindernisse überwinden und an die Macht kommen, so müßte er, um im eigenen Land freie Hand zu haben, mit einem Treueid auf Versailles anfangen. Niemand am Quai d'Orsay zweifelt daran. Mehr noch, man weiß dort genau, daß eine einmal in Deutschland auf Dauer errichtete Militärdiktatur Hitlers zu einem ungleich stabileren Element der französischen Vorherrschaft in Europa werden würde, als es die gegenwärtige deutsche Regierungsform darstellt, deren mathematische Formel aus lauter Unbekannten besteht.

Der Krieg wäre unvermeidlich

Es wäre völlig infantil, sich einzubilden, die herrschenden Kreise Frankreichs »gerieten in Verlegenheit«, wenn sie als Beschützer eines faschistischen Deutschlands auftreten müßten. Frankreich beschirmt Polen, Rumänien und Jugoslawien – drei von Militärdiktaturen beherrschte Länder. Das ist keineswegs ein Zufall. Die heutige Vorherrschaft Frankreichs in Europa resultiert daraus, daß Frankreich zum Alleinerben des gemeinsam mit den Vereinigten Staaten und Großbritannien erstrittenen Sieges geworden ist. (Ich erwähne hier nicht Rußland, weil es am Sieg nicht teilhatte, obwohl es die größten Menschenopfer dafür gebracht hatte.) Aus den Händen der mächtigsten Allianz der Weltmächte, die die Geschichte kennt, hat Frankreich ein Erbteil empfangen, das es nicht fahren lassen will, obwohl es für seine schmalen Schultern zu schwer ist. Frankreichs Territorium, seine Bevölkerung, seine Produktivkräfte, sein Volkseinkommen – all das steht offensichtlich in keinem Verhältnis zur Aufrechterhaltung seiner Vorherrschaft. Die Balkanisierung Europas, die Verschärfung der Gegensätze, der Kampf gegen die Abrüstung, die Unterstützung von Militärdiktaturen – das sind Methoden, wie sie zur Aufrechterhaltung der französischen Vorherrschaft nötig sind.

Die große Aufteilung des deutschen Volkes stellt im System der französischen Vorherrschaft ein ebenso notwendiges Kettenglied dar wie die phantastischen polnischen Grenzen mit ihrem berühmten »Korridor«. In der Sprache von Versailles bezeichnet »Korridor« das, was andere Menschen als Entnahme einer Rippe aus einem lebenden Körper kennzeichnen würden. Wenn Frankreich, während es Japan in der Mandschurei unterstützt, Stein und Bein schwört, es wolle den Frieden, so heißt das einfach, daß es die Unantastbarkeit seiner eigenen Vorherrschaft garantiert, nämlich sein Recht, Europa zu zerstückeln und es dem Chaos zuzuführen. Die Geschichte bezeugt, daß unersättliche Eroberer immer zum »Pazifismus« neigen, weil sie die Rache der Besiegten fürchten.

Ein faschistisches Regime, das nur unter blutigen Zuckungen und um den Preis einer neuerlichen Schwächung Deutschlands zustandekommen kann, wäre eben darum ein unschätzbarer Baustein zur französischen Vorherrschaft. Von seiten der Nationalsozialisten haben Frankreich und sein Versailler System überhaupt nichts zu fürchten.

Hieße »Hitler an der Macht« dann »Frieden«? Nein, »Hitler an der Macht« würde eine weitere Stärkung der französischen Vorherrschaft bedeuten. Aber gerade darum würde »Hitler an der Macht« Krieg bedeuten, nicht gegen Polen, nicht gegen Frankreich, aber Krieg gegen die Sowjetunion.

Die Moskauer Presse hat in den vergangenen Jahren mehr als einmal von der Gefahr einer militärischen Invasion der Sowjetunion gesprochen. Der Autor dieser Zeilen hat mehr als einmal Einwände gegen solche oberflächlichen Prophezeiungen gemacht, nicht weil er glaubte, daß es, in Europa oder in der übrigen Welt an schlechtem Willen zum Krieg gegen die Sowjetunion fehle. Daran fehlt es keineswegs! Aber für ein so riskantes Unternehmen wären die Meinungsverschiedenheiten und Widerstände nicht nur zwischen den verschiedenen europäischen Staaten, sondern mehr noch in ihrem Innern zu groß.

Kein Politiker wird vermutlich glauben, man könne die Sowjetrepublik mit Hilfe an der Grenze zusammengezogener Heere oder einfacher Landeoperationen beseitigen. Selbst Winston Churchill glaubt nicht mehr daran, trotz der Lautstärke seiner politischen Stimmübungen. Ein solcher Versuch war in den Jahren 1918-1920 gemacht worden, als Churchill, wie er sich selbst prahlerisch rühmte, »Vierzehn Nationen« gegen die Sowjetunion mobilisierte. Wie glücklich wäre der britische Finanzminister jetzt, könnte er die hunderte Millionen Pfund wiederbekommen, die damals für die Intervention aufgewandt wurden! Aber über zerschlagenes Geschirr braucht man nicht zu jammern. Außerdem war jenes Geld der Preis für eine gute Lehre. Wenn zu jener Zeit, in den ersten Jahren der Sowjetrepublik, als die Rote Armee noch in den Kinderschuhen steckte – sie hatte in jenen Jahren oft überhaupt nichts an den Füßen –, die Truppen von »vierzehn Nationen« den Sieg nicht erringen konnten, um wieviel geringer ist dann heute die Aussicht auf einen Sieg, wo die Rote Armee eine starke Kraft mit siegreicher Tradition, jungen und doch erprobten Offizieren, von der Revolution erschlossenen, unerschöpflichen Hilfsquellen und ausreichenden Arsenalen ist!

Selbst wenn sie in ein solches Abenteuer hineingezogen würden, wären die vereinigten Kräfte der angrenzenden Völker zu schwach für eine Intervention in der Sowjetunion. Japan ist zu weit entfernt, um selbständig eine militärische Rolle gegenüber der Sowjetunion spielen zu können, und außerdem wird der Mikado in den nächsten Jahren mit den Unruhen bei sich daheim genug zu tun haben. Um eine Intervention möglich zu machen, braucht man ein großes, hochindustrialisiertes und dazu noch kontinentales Reich, das willens und fähig ist, sich die Hauptlast eines Kreuzzugs gegen die Sowjetunion aufzuladen. Genauer: man braucht ein Land, das nichts zu verlieren hat. Ein Blick auf die politische Landkarte Europas zeigt, daß nur ein faschistisches Deutschland diese Aufgabe übernehmen könnte. Mehr noch, ein faschistisches Deutschland hätte gar keine andere Wahl. Nachdem der Faschismus auf Kosten unzähliger Opfer die Macht errungen, in allen innenpolitischen Fragen versagt, vor Frankreich und folglich vor den Halbvasallenstaaten wie Polen kapituliert hätte, wäre er unweigerlich gezwungen, irgendeinen waghalsigen Ausweg aus dem eigenen Bankrott und den Widersprüchen der internationalen Lage zu suchen. Unter diesen Umständen würde ein Krieg gegen die Sowjetunion zur fatalen Notwendigkeit.

Gegen diese düstere Voraussage könnte man das Beispiel Italiens ins Feld führen, mit dem die Sowjetunion zu einem modus vivendi gekommen ist. Aber dieser Einwand ist oberflächlich. Italien ist von der Sowjetunion durch eine Reihe von dazwischenliegenden Ländern getrennt. Der italienische Faschismus ging mit der Hefe einer rein italienischen Krise auf, da die nationalen Ansprüche Italiens in Versailles großzügig befriedigt worden waren. Er kam kurz nach dem Weltkrieg an die Macht, als von einem neuen Kriege noch keine Rede sein konnte. Und schließlich blieb Italien allein, und niemand in Europa wußte, wie standfest sich das faschistische Regime einerseits, das sowjetische andererseits erweisen würde.

Die Position Hitlerdeutschlands ist in all diesen Punkten eine verhängnisvoll andere. Es braucht einen außenpolitischen Erfolg. Die Sowjetunion wäre ein unerträglicher Nachbar. Erinnern wir uns, wie lange Pilsudski zögerte, den Nichtangriffspakt mit Rußland zu unterzeichnen. Hitler Seite an Seite mit Pilsudski – das ist schon die Antwort auf unsere Frage. Andererseits muß Frankreich sehr wohl wissen, daß es nicht imstande ist, Deutschland auf Dauer waffenlos zu halten. Die französische Politik wird darin bestehen, den deutschen Faschismus gegen Osten zu richten. Das würde der nationalen Empörung über das Versailler System ein Sicherheitsventil öffnen und böte – wer weiß? – vielleicht eine Chance, auf diesem Wege zu neuen Lösungen für das heiligste aller Weltprobleme, das Reparationsproblem zu kommen.

Rußland muß bereit sein

Nimmt man die Versicherung der faschistischen Propheten, sie würden in der ersten Hälfte des Jahres 1932 an die Macht kommen, für bare Münze – obwohl wir weit davon entfernt sind, diesen Leuten auf ihr bloßes Wort hin zu glauben –, so ist es möglich, von vornherein eine Art politischen Kalender zu entwerfen. Einige Jahre werden mit der Faschisierung Deutschlands vergehen – der Zerschlagung der deutschen Arbeiterklasse, der Schaffung einer faschistischen Miliz und der Wiederherstellung der Armee. Etwa 1933/34 wären die Voraussetzungen einer militärischen Intervention in der Sowjetunion geschaffen.

Dieser Zeitplan geht natürlich von der Annahme aus, daß die Regierung der Sowjetunion unterdessen geduldig abwartet. Meine Beziehungen zur gegenwärtigen Regierung sind nicht derart, daß ich ein Recht hätte, in ihrem Namen zu sprechen oder auf ihre Absichten hinzuweisen, die ich, wie jeder andere Zeitungsleser oder Politiker, nur auf Grund aller verfügbaren Nachrichten beurteilen kann. Umso freier kann ich mich dazu äußern, wie – meiner Meinung nach – die Sowjetregierung im Falle eines faschistischen Umsturzes in Deutschland handeln müßte.

An ihrer Stelle würde ich, sobald ich die telegraphische Nachricht von diesem Ereignis erhielte, eine Teilmobilmachung anordnen. Steht man einem Todfeind gegenüber und ergibt sich der Krieg mit Notwendigkeit aus der Logik der realen Situation, so wäre es unverzeihlicher Leichtsinn, diesem Gegner Zeit zu lassen, sich festzusetzen und zu stärken, Bündnisse einzugehen, sich die nötige Hilfe zu verschaffen, einen umfassenden militärischen Angriffsplan – nicht nur für den Westen, sondern auch für den Osten – auszuarbeiten, und so eine ungeheure Gefahr wachsen zu lassen.

Hitlers Sturmabteilungen lassen schon ganz Deutschland von einem Kriegsgesang gegen die Sowjets widerhallen, den ein Dr. Hans Büchner komponiert hat. Es wäre unklug, die Faschisten dies Kriegslied brüllen zu lassen. Wenn Sie es singen müssen, dann wenigstens staccato.

Es kommt nicht darauf an, wer von beiden formell die Initiative ergreift; ein Krieg zwischen dem Hitlerstaat und dem Sowjetstaat wäre unvermeidlich, und zwar in kurzer Frist. Die Folgen dieses Krieges wären unberechenbar. Aber welche Illusionen man auch in Paris hegt, eins ist sicher: in den Flammen eines bolschewistisch-faschistischen Krieges würde sogleich der Vertrag von Versailles aufgehen.

erschienen am 16. Juli 1932 in: »The Militant«

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